Zur Problematik der Elektrifizierung des mittleren Erzgebirges
Seit 1981 hat die einst in den Jahren 1912/1913 in Deutscheinsiedel errichtete Trafostation im Freilichtmuseum Seiffen ihr neues Zuhause gefunden. Dieses eigenartige, in Fachwerkbauweise ausgeführte Gebäude mit seiner hohen, schlanken Gestalt steht seitdem für eine neue Epoche einschneidender Veränderungen in der ländlichen Wohn- und Arbeitswelt. Die elektrische Energie hat dem Erzgebirge des 20. Jahrhunderts neue kreative Potenzen eröffnet. Die thematische Aussstellung beschreibt die Anfänge der Elektroenergienutzung im mittleren Erzgebirge.
Waschen, Bleichen, Stärken - Trocknen, Mangeln, Bügeln
Die Ausstellung basiert auf Beschreibungen aus dem Jahr 1860 und zeigt Exponate, die im Umfeld einer Kleinbäuerlichen Wirtschaft im Erzgebirge bis in die 1930er Jahre in Gebrauch gewesen sind. Unsere Vorstellungen von steriler Sauberkeit im häuslichen Bereich u.a. bei Tragezeiten von Textilien lassen sich nicht auf die Zeit vor über 100 Jahren übertragen. Die Vielfalt der Tätigkeiten im Haus einer kleinbäuerlichen Wirtschaft (Tiere, Futter, Vorrat sowie Kochen, Waschen oder Reparaturen) setzte damals andere Prioritäten und Leistungsgrenzen. Vorzug hatte alles, was mit Ernährung im weitesten Sinne verbunden war.
Auch dürfen wir nicht von unserer Knopfdruckmentalität aus einen kritischen Blick auf die Zustände dieser Zeit werfen. Manches, was heute als nachlässig empfunden werden könnte, war damals dem damit verbundenen Aufwand geschuldet. Das Bereiten von warmem Wasser zum Beispiel begann schon lange „vorher“. Viel Arbeit und Zeit waren z.B. notwendig, eh die Holzscheite neben dem Ofen lagen, um damit zu heizen. Kaum etwas konnte nebenbei geschehen, fast immer war die ganze Person gefordert, die dann woanders fehlte.
In dieser Ausstellung lassen sich die reale Lebensbedingung nur schwer darstellen und vom Museumsbesucher nachvollziehen. Das unangenehme Stehen im Rauch einer Schwarzen Küche, das Schleppen von Wasser, die Kälte oder auch „nur die Armut, etwas einfach nicht ersetzen zu können und laufend zu reparieren, das ist für uns heute kaum vorstellbar. Dazu kamen oft schon in jungen Jahren gesundheitliche Probleme wie Gicht und Rheuma.
Werkstatt und Dokumentation
Neben hölzernen Erzeugnissen wurden seit Anfang des 19. Jahrhunderts auch aus 'Masse' gedrückte Spieldinge hergestellt. Während geschnitzte Figuren vergleichsweise teuer waren, konnten detailreich modellierte, wirklichkeitsnah bemalte Massefiguren ein preiswerter Ersatz sein. Im böhmischen Erzgebirge rund um Oberleutensdorf und Katharinaberg, in der Seiffener Region, im Raum Waldkirchen und im Annaberger Gebiet fand diese Technologie ihre Anwendung. Die Herstellung von Massefiguren beruht auf dem Prinzip, eine Muster mittels Drücken in einer Form seriell und in großen Stückzahlen reproduzieren zu können. Die Begriffe Teig oder Masse bezeichnen eine differenzierte Vielfalt an Mischungen und Zusammensetzungen: Grundbestandteile sind zumeist Papierbrei, Schlemmkreide und Roggenmehl. Das Trocknen der Rohlinge geschah als Lufttrocknung. Es folgte das sogenannte Entgraten und eine farbige Gestaltung mittels Leimfarbenmalerei. Die Ausstellung zeigt die Raum- und Arbeitssituation um 1920, einen Musterschrank, Aufbewahrungs- und Trockenregale, Arbeitsflächen, eine fußbetriebene Drechselbank, eine Spindelpresse und diverse Werkzeuge.
Haus-, Dach- und Nutzungsmodelle
In dieser durch ein EU-Projekt geförderten kleinen Ausstellung werden durch Modelle, durch Schnittdarstellungen und Siedlungsbeispiele wesentliche bzw. landschaftstypische Eigenarten erfahrbar gemacht. So wird z.B. das Dach neben der Schutzfunktion zugleich als Gestaltungselement auch in ästhetischer Hinsicht gezeigt. Für eine verbesserte Belüftung und Beleuchtung, mitunter auch für eine erweiterte Nutzung des Dachraumes wurden und werden verschiedenste Dachausbauten eingesetzt. Dabei spielen neben den funktionalen und konstruktiven Belangen auch formale Komponenten eine Rolle. Gauben und Hechte strukturieren nicht nur die Dachlandschaft, sondern schaffen außerdem ästhetische Reize und bieten Möglichkeiten für den Einsatz von Schmuckelementen und handwerklichen Besonderheiten. Eines der Ausstellungsmodelle zeigt ein sogenanntes Eintrakthaus (böhmisches Erzgebirge). Praktisch war beispielsweise die Zugänglichkeit bei der Betreuung des Viehs in den Wintermonaten, wenn die Schneemassen den Zugang ins Haus verhinderten. Dann konnte man aus dem Flur nicht nur in die Wohnstube und in die weiteren Wohnräume oder über die Holztreppe in das Ober- oder Dachgeschoss gehen, sondern auch in den Stall, eventuell auch weiter in die Scheune. Vorgestellt wird modellhaft auch die historische Form der Streusiedlung, wo Einzelgebäude, Einzelgehöfte oder Gebäudegruppen oft auch weit auseinanderliegen können.